Bericht über die 6. Tagung der VdS-Fachgruppe Kleine
Planeten
von Markus Griesser
"Glückauf!"
- Kleinplanetler im Weihnachtsland
Ein Blick in den Kalender erübrigt sich: Immer wenn sich die
vereinigten Asteroiden-Gucker aus deutschsprachigen Landen ein
Stelldichein geben, dann muss es Juni sein, und Vollmond noch dazu. So
auch in diesem Jahr: Am Vollmond-Wochenende 14./15. Juni traf sich
wieder eine muntere Schar aus der Kleinplaneten-Gruppe zum
freiwillig-fröhlich-ernsthaften Wissenstransfer im sächsischen
Drebach. Gestärkt mit geballten Ladungen an neuem Wissen aus nicht
weniger als 18 Präsentationen pflegten die
Kleinplaneten-Spezialisten aber auch intensive persönliche und
freundschaftliche Kontakte.
Wer Erzgebirge höre, so sagte mir ein Freund und Kenner
Deutschlands, der denke unweigerlich an Bergbau,
Räuchermännchen und Weihnachten. Die in Sachsen gepflegten
Weihnachtsbräuche seien jedenfalls legendär, und auch das
kulinarische Beiwerk habe es in sich. Doch wem die hochsommerliche Sonne
aufs Haupt brennt, denkt wohl kaum an Glühwein und Christstollen,
am allerwenigsten wohl die aus allen Himmelsrichtungen angereisten
Kleinplanetler, die sich in der eremitischen Enge ihrer
Beobachtungsklausen ohnehin nie kulinarische Exzesse gönnen.
Immerhin waren rund 40 Individuen der sehr seltenen Gattung "Homo
asteroidalis" dem Lockruf ihres Häuptlings Gerhard Lehmann nach
Drebach gefolgt, der sie zusammen mit dem Sternwarte-Leiter Karl-Heinz
Müller als Gastgeber begrüsste. Dass sich zum Empfangs-Komitee
noch der junge Drebacher Bürgermeister Jens Haustein gesellte, gab
dem konstruktiven Treffen gewissermassen die offizielle Note eines
wichtigen Meetings: So, genau so, muss sich ein Staatsoberhaupt
fühlen, wenn es sich im Kreise von anderen Häuptern den
Problemen dieser Welt widmet und Lösungsvorschläge diskutiert.
Manchmal problematische Namensgebungen
Den bunten Vortragsreigen eröffnete mit Dr. Freimut Börngen
der Altmeister aller deutschsprachigen Asteroiden-Beobachter. Der
sympathische Profi, der heute zusammen mit seiner Gattin in vollen
Zügen den Ruhestand geniesst und dennoch auf keiner
Kleinplaneten-Tagung fehlt, legte mit einer Folienpräsentation dar,
nach welchen Kriterien er bisher die Namen seiner vielen hundert
Entdeckungen vergeben hat. Mit der Würdigung vieler Musiker,
Literaten und Wissenschafter, aber auch mit der Auszeichnung
geografischer Orte zeichnet Freimut Börngen engagiert
Kulturgeschichte nach. Seine Citations zeichnen sich durch Sorgfalt und
Sachkompetenz, aber auch durch Liebe zum gut recherchierten Detail aus.
Dass er auch etlichen Amateurastronomen zu himmlischen Ehrungen verhalf,
ist ein weiteres Merkmal seiner sehr menschlich orientierten
Persönlichkeit und wird von den jeweils Betroffenen als eine hohe
Auszeichnung empfunden.
Doch Freimut Börngen berichtete auch über einige Probleme mit
seinen Benennungen: So hat ihm das namensgebende Committee on Small
Bodies Nomenclature (CSBN), schon verschiedentlich Namensgebungen
verweigert. Schmerzlich für ihn, der aus seiner eigenen
Lebenserfahrung heraus jegliche Formen von Totalitarismus ablehnt, sind
vor allem die Rückweisungen der Namen von NS-Opponenten sowie von
Kirchenführern, insbesondere, weil in den Ablehnungen keine
konsequente und nachvollziebare Haltung zu erkennen sei. Ähnliche
Kritiken musste sich das CSBN übrigens auch schon von anderen
Entdeckern gefallen lassen. So war vor einigen Monaten in der
englischsprachigen Minor Planet Mailing List (MPML) eine sehr heftige
Diskussion u.a. gerade auch über diese Thematik in Gang, die zu
etlichen Verstimmungen führte.
Mit Dr. Lutz Schmadel war dann für die aufgeworfenen Fragen der
Fachmann zugegen, ist er doch nicht nur Mitglied des CSBN, sondern auch
Autor des "Dictionary of Minor Planet Names". Die soeben erschienene 5.
Auflage dieses tollen Kompendiums ist übrigens neuerdings eine
offizielle Publikation der IAU. Lutz Schmadel legte in einem
eingeschobenen Referat nach dem Mittagessen dar, dass die
Komitee-Mitglieder eine zunehmende Flut von Namensvorschlägen zu
prüfen hat, und dass deshalb auch Überlegungen getätigt
werden, die Namensgebungen zu kontingentieren. Offenbar liegen aus der
Kommission 20 der IAU verschiedene Vorschläge auf dem Tisch, wie
das geschehen soll: Zum Beispiel, indem jeder Entdecker nur noch eine
begrenzte Zahl Vorschläge, allenfalls gekoppelt mit einer
Zeitlimite, einreichen kann. Die Verkürzung der heute vierzeiligen
Würdigungstexte auf nur gerade noch eine Zeile wäre eine
andere Möglichkeit, Entlastung zu bringen. Auch eine Gewichtung
nach Helligkeiten steht zur Diskussion. Und Brian Marsden hat sogar mal
in einer Editorial Notice des MPC eine Benennung gegen Bezahlung
angedeutet.- Laut Lutz Schmadel sind jedenfalls von der nächsten
IAU-Generalversammlung in Sydney Entscheide zu erwarten, die
möglicherweise für die Entdecker auch schmerzlich sein
könnten.
Die grossen Möglichkeiten eines kleinen Planetariums
Jens Kandler, der seit einigen Monaten mit Liebe und Engagement
hauptberuflich im Drebacher Planetarium wirkt, demonstrierte in einer
wunderschönen Präsentation die vielfältigen
Möglichkeiten des modernen ZKP3-Planetariums von Zeiss. Die ab
einer hochwertigen Audioanlage mit stimmungsvoller Musik unterlegten
Ausschnitte aus verschiedenen Planetariumsprogrammen machten für
einmal den Tag zur Nacht und verleiteten auch die ach so
abgeklärten Kleinplaneten-Freaks zu Träumen. Eigentlich
hätte man es noch viel länger in den bequemen Sesseln des
Planetariums ausgehalten, doch das weitere Tagungsprogramm mahnte zum
Abbruch. Der Gemeinde Drebach ist jedenfalls zu gratulieren, dass sie
sich eine solch tolle Einrichtung leistet. Und es bleibt zu hoffen, dass
der im östlichen Deutschland in den offiziellen Schulprogrammen
traditionell gut verankerte Astronomie-Unterricht auch in Zukunft seinen
Stellenwert behält.
Abwehr der Apokalypse
Mit Dr. Christian Gritzner bot ein weiterer Spezialist, der sich von
Berufs wegen mit solchen Fragen beschäftigt, einen Einblick in die
Abwehrmöglichkeiten eines NEOs. Seine von grossem Sachwissen und
geschliffener Rhetorik geprägten Ausführungen machten
deutlich, dass es grundsätzlich mehrere Möglichkeiten
gäbe, gegen einen anfliegenden Erdenstürmer vorzugehen. Neben
den auch in der Science Fiction und Katastrophen-Filmen beschworenen
Abwehr-Szenarien mit Atomwaffen, gibt es bei früh entdeckten NEOs
auch gewissermassen sanftere Methoden, sie aus ihrer ursprünglichen
Flugbahn zu drücken. So arbeitet der Referent in Dresden an
Studien, anfliegende Asteroiden mit einem riesigen Sonnenspiegel sehr
sanft aus ihrem ursprünglichen Flugbahn zu drücken.
Voraussetzung für die Anwendung solcher Technologien ist einfach
genügend Zeit: Gefährliche Impakter müssen deshalb
möglichst früh entdeckt werden. Gemessen an den nachgewiesenen
schweren Folgen eines Impakt-Ereignisses sind aber geradezu
lächerlich kleine Geldsummen nötig, um diese Studien bis zu
konkreten Projekten vorauszutreiben. Gitzner sparte hier nicht mit
Kritik an die Adresse der politisch Verantwortlichen und belegte seine
Ausführungen mit Erkenntnisse aus dem Risk Management, wie es in
Versicherungsgesellschaft im Hinblick auf mögliche grosse
Schadenereignisse betreiben. Die Schlussfolgerung war klar: Eigentlich
ist es unverantwortlich, wie wenig unsere Gesellschaft zur Abwehr von
Asteroiden investiert.
Ärger mit den Medien?
Nach dem Lunch blieb es dem Berichterstatter überlassen, das
Auditorium in die Geheimnisse der Medienarbeit einzuführen. Er
schätzte sich glücklich, dass dank des leichten Imbisses nur
wenige Zuhörende in einen wohlig-erholsamen Mittagsschlummer
abtauchten. Möglicherweise half dabei die Tatsache, dass manche der
anwesenden Sternfreunde eigene und vielfach auch unvergessliche
Erlebnisse mit Medien und Medienschaffenden gemacht haben. So waren die
praxisnahen Tipps für eine gepflegte Medienarbeit wahrscheinlich
sehr willkommen. Schon einige wenige Grundkenntnisse, wie Medien und
Medienschaffende funktionieren, können viel dazu beitragen,
unsinnige Berichterstattungen zu verhindern - gerade auf dem Gebiet der
Kleinplaneten.
Roboter-Teleskope
Ging es im Medien-Vortrag weitgehend um "weiche" und sehr
menschenorientierte Faktoren, so wartete Matthias Busch,
Profi-Programmierer und Schöpfer des so tollen Programms EasySky,
mit den harten und oft auch nur noch für die Spezialisten
verständlichen Realitäten der Informatik-Welt auf. Seine
Ausführungen zum Thema ASCOM (ASCOM = Astronomy Common Object
Modul) machten recht deutlich, dass die Automatisierung von
Beobachtungen auch bei den Amateuren munter vorankommt. So sind auf der
Station 611 in Heppenheim schon verschiedene Experimente mit
automatisierten Beobachtungs-Abläufen sehr erfolgreich
durchgeführt worden. Und Reiner Stoss, der leider an dieser Tagung
nicht anwesend sein konnte, demonstriert heute fast täglich mit dem
Internet-Teleskop 620 auf Mallorca, wie weit und erfolgreich die
Automatisierung vorangeschritten ist. Doch - so wurde in privaten
Pausengesprächen deutlich - dürfte die Automatisierung bei den
Amateuren an Grenzen stossen. "Wenn ich die Stimmungen einer
Sternennacht und den Kontakt mit der Natur nicht mehr spüre, macht
auch das Beobachten keinen Spass mehr", meinte ein erfahrener Beobachter
stellvertretend für andere. Im Unterschied zu den Profis
können sich Freizeittäter eben erlauben, bei aller Faktentreue
dem Sinn für Romantik und gefühlsmässigen Momenten noch
Raum zu geben.
Neue Hilfe für die Archivierung
Gerhard Lehmann, Chef und Chefstatistiker der Kleinplaneten-Gruppe,
kramte in seiner Präsentation erneut in seiner mit bunten Balken,
Kringeln und Hügeln reichlich drapierten Trickkiste. Sein bei einer
früherer Tagung vorgestelltes Excel-Tool zur Archivierung von
Kleinplaneten-Daten hat dank der Programmsprache Borland Delphi eine
gehörige Verbesserung erfahren. Nach dem Motto "Leichter,
Übersichtlicher, Schneller, Besser" hat Gerhard Lehmann nun
jederzeit eleganten Zugriff auf die reichen Datenschätze der
Kleinplanetenstationen im deutschsprachigen Raum und kann noch mehr
statistische Auswertungen enthüllen. Erfahrene Beobachter wissen
ja, wie schnell sich grosse Datenmengen bei der Beobachtung von
Kleinplaneten anhäufen können. Hier dann die Übersicht zu
wahren, ist eine wirkliche Herausforderung.
Präzise Lichtwechsel
Der junge Sternfreund Thomas Payer aus Essen hat sich mittlerweile mit
einigen sehr schönen Beobachtungen einen soliden Platz in der
Kleinplanetenszene geschaffen. Er zeigte am Beispiel des Asteroiden
(1022) Olympiada, mit welch hoher Präzision heute Amateure
Lichtwechsel an Kleinplaneten messen können. Das dafür
verwendete Programm "Canopus" ist nach Aussagen des Referenten
allerdings etwas altmodisch und unkomfortabel - na ja, wir alle sind
halt "Astrometrica"-Verwöhnte - doch liefert es gleichwohl sehr
präzise Resultate. Ungeklärt ist allerdings die Tatsache,
weshalb die Messungen von Thomas Payer im Fall des Asteroiden 1022 eine
Lichtperiode von 3,81 Stunden ergaben, stehen dem doch die 4,59 Stunden
eines anderen Beobachtes gegenüber.
Endlich auch Frauen!
Mit Martina Haupt wagte sich eine charmante Dame auf die Spielweise der
grossmehrheitlich männlich dominierten Kleinplaneten-Gemeinde. Ihr
trocken-berlinerisch vorgetragenes Porträt der neuen Station A37
"Müggelheim", rund eine halbe Fahrstunde von der
Archenhold-Sternwarte 604 gelegen, zeugte von einigen sehr guten
Beobachtungserfahrungen, die auch deshalb besonders zu würdigen
sind, weil sie mit einer eher exotischen Kamera, einer Audine,
erarbeitet worden sind. Mit ihrem Teleskop, einem C8 und einer
Steuerung FS2, eroberte die Station auch den Kleinplaneten (6771)
"Foerster", und erst noch, wie man über die MPC-Internetsite
nachprüfen kann, mit durchaus "anständigen" Residuen. Und weil
A37 dies als erste Amateurstation gelang, erhielten Martina Haupt und
ihr Kollege von der Berliner "Wilhelm-Foerster"-Sternwarte einen Preis
überreicht, wie die Referentin stolz anfügte. - Nicht nur
Neusichtungen bereiten offenbar Freude ...
Eine zweite Kleinsternwarte ist A35. Joachim Lorenz aus Hormersdorf
stellte sein einfaches Observatorium, das mit einem hübschen
30cm-Newton ausgestattet ist, gleich mit einigen bildlichen Kostproben
vor. Prächtige Mond- und Planeten-Aufnahmen gelangen ihm mit einer
einfachen Webcam und dem Programm "Giotto". Dabei hat er zur
Stromversorgung lediglich eine Autobatterie zur Verfügung.
Bemerkenswert dürfte auch sein, dass Joachim Lorenz seine
Sternwarte auf dem Grundstück eines Nachbars errichten durfte, weil
sein eigener Garten zu nahe bei einer Strassenbeleuchtungen lag. Solche
verständnisvollen Nachbarn wünschen sich eigentlich alle
Sternfreunde!
Wie genau sind Sternwarte-Koordinaten?
Mike Kretlow machte mit seinen aufschlussreichen Ausführungen zum
Thema "GPS und terrestrische Koordinatensysteme" auf eine weitere
Unklarheit beim MPC aufmerksam: Auf welches Referenzsystem (=
Kartendatum) beziehen sich eigentlich die in der Station List des MPC
publizierten geografischen Koordinaten? Heute ist es ja mit der
GPS-Technologie möglich, beliebige Standorte auf der Erde auf
wenige Meter genau anzugeben. Doch das international weitverbreitete
System WGS-84 zeigt im Vergleich mit nationalen Systemen erhebliche
Unterschiede, die sich bei erdnahen Objekten sowie bei Sternbedeckungen
rasch und auch dramatisch auswirken können.
Neue "Rosetta"-Pläne
André Knöfel aus Essen machte mit seinem Referat auf die
geänderten Pläne rund um die Kometensonde "Rosetta"
aufmerksam. Nachdem der ursprüngliche Zielkomet "Wirtanen" heute
nicht mehr erreicht werden kann, steht nun der Komet "Natascha" auf der
Target List. Hinter diesem hübschen Frauennamen verbirgt sich der
Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko - ja, genau der mit dem
unaussprechlichen Doppelnamen! Unter den neuen Startvoraussetzungen
stehen zusätzlich insgesamt sieben verschiedene Kleinplaneten auf
der Besuchsliste, doch welcher nun definitiv angesteuert werden soll,
entscheidet sich erst später. Interessant wäre zweifellos
(437) Rhodia, weil dieser Kleinplanet mit 0.7 eine aussergewöhnlich
hohe Albedo hat.
Sternendias als genussreiches Dessert
Den stimmungsvollen Abschluss des mit Referaten reichlich befrachteten
ersten Tages bot mit Erich Meyer einer der ganz alten Hasen unter den
Kleinplaneten-Beobachtern. Er, der hartgesottene und sehr erfahrene
Spezialist für Re-Coveries der extremen Sorte, pflegt bei seinen
ausgedehnten nächtlichen Sitzungen eine kleine Fotokamera vor
seiner Sternwarte in Linz aufzustellen. Die von ihr manchmal in
stundenlangen Belichtungen aufgezeichneten Strichspuren erzeugen
überaus stimmungsvolle Fotos. Erich Meyer kombinierte eine Auswahl
seiner Lichtbilder mit sorgfältig ausgewählter Musik und
entliess so die Kleinplanetler völlig entspannt zum nachfolgenden
Diskussionsabend in die "Sommerfrische". Hier, bei kühlem Bier und
süffigem Wein, wurde bis spät in die Nacht hinein diskutiert,
debattiert und argumentiert. Kein Wunder, schafften es am folgenden
Morgen viele Teilnehmende nur noch unter Ausnutzung des vollen
akademischen Viertels zum Sonntags-Vormittagsprogramm. Dabei begann
dieses erst um 9.30 Uhr.
Reise zum Pluto und darüber hinaus
André Knöfel erläuterte in seinem zweiten Referat die
NASA-Mission "New Horizons". Sie ist als einzige einer ganzen Reihe von
Projekten übrig geblieben und soll im Zeitraum von 2006 bis 2008
starten. Die Pluto-Passage wäre dann im Zeitraum von 2016 bis 2020
geplant. Die Sonde würde in nur einer Stunde das
Pluto-Charon-Doppelsystem durchfliegen und muss dabei eine Vielzahl von
Experimenten durchführen. Doch zurzeit ist bei diesem ehrgeizigen
Projekt noch sehr vieles offen, und die NASA wird angesichts des
zunehmendes Geldmangels wohl noch einiges modifizieren.
Auch Mike Kretlow beschäftigte sich in seinem zweiten Referat mit
Kuiper-Belt-Objekten jenseits der Neptun-Bahn. Mittels Sternbedeckungen
können an diesen fernen und entsprechend grossen Objekten eine
Vielzahl von Informationen, beispielsweise über den Durchmesser,
allfällige Doppelstrukturen und Atmosphären, gewonnen werden.
Bis 2004 stehen insgesamt acht Bedeckungen von Tycho-2-Sternen auf dem
Programm, wobei jene vom kommenden 19. September mit 1992 QB1 von
besonderem Interesse sein dürfte.
Wertvolle Re-Covery
Erich Meyer, der in der Sternwarte Davidschlag bei Linz seit Jahren
hochwillkommene Re-Coveries meist an NEOs durchführt, berichtet in
seinem diesjährigen Referat über die aufsehenerregende
Wiederentdeckung des verschollenen 2001 YH140, eines Asteroiden jenseits
der Neptun-Bahn (TNO). Die aufgrund der bisherigen Beobachtungen
vorliegende provisorische Bahn deutete auf ein äusserst
ungewöhnliches Objekt mit einer riesigen Bahnhalbachse von rund 200
AE und grosser Exzentrizität hin. Eigentlich utopisch fand auch
Reiner Stoss, der die Bahn unter Weglassung der letzten Beobachtungen
neu rechnete. Er gab dann Erich Meyer den entscheidenden Tipp, wo er den
verschollenen TNO suchen sollte. Und tatsächlich gelang es dann
dem äusserst scharfsichtigen Linzer Beobachter, mit seinem
60cm-Delagraphen das für Amateurverhältnisse schier
unglaublich lichtschwache Lichtpünktchen 21. Grösse (!) unweit
der angegebenen Stelle zu finden - deutlich mehr als eine
Gesichtsfeldbreite von der ursprünglich angegebenen Position
entfernt: Die Profis auf Klenot (Station 246) hatten mit den
abschliessenden schlechten Beobachtungen die Bahn soweit verbogen, dass
dieser Kleinplanet möglicherweise für immer verloren gewesen
wäre.
Dem Schreibenden sei hier noch eine persönliche Anmerkung
gestattet: Man würde es dem fleissigen Linzer Spezialisten schon
lange gönnen, dass er endlich auch einmal einen Förderbeitrag
des NASA erhält. Oder gibt es so was auch von einer
europäischen Organisation? Seit Jahren leistet Erich Meyer ja
für die internationale Kleinplaneten-Community hochqualifizierte
Arbeit. Er hat schon Dutzende zum Teil sehr schwierige
Wiederentdeckungen realisiert. Doch während viel weniger engagierte
Beobachter jenseits des Atlantiks Jahr für Jahr die Grants
abräumen, darf der bescheidene Linzer heute noch immer mit seiner
reichlich angejahrten ST-6-Kamera werkeln. - Ob man mal dem MPC,
speziell Brian Marseden, einen Hinweis stecken sollte, dass hier ein
Förderbeitrag längst angebracht wäre?
Treffen der europäischen Cracks
Den Abschluss des reich gefüllten Vortragsprogrammes bildete
nochmals Mike Kretlow mit einigen bildlichen Eindrücken des MACE
2003, des "Meeting on Asteroids and Comets in Europe 2003", das
über die Osterfeiertage auf Mallorca stattfand. Dass mit Reiner
Stoss, Stefano Sposetti und Herbert Raab gleich drei uns gut bekannte
Mitglieder im Organisationsteam sassen, zeigt deutlich, welches hohes
fachliche Potential in unserer Gruppe schlummert. So wünscht man
sich nur noch, dass diese drei und auch die anderen abwesenden Cracks,
wie zum Beispiel Andreas Doppler, Arno Gnädig sowie Dr. Peter Kroll
nächstes Jahr wieder an der Tagung teilnehmen. Denn, liebe
Freunde: Ihr habt uns in Drebach gefehlt. - Sehen wir uns wieder,
nächstes Jahr ins Essen? Wir werden uns auf Einladung von
André Knöfel und seinen Freunden am 5./6. Juni 2004 in Essen
zur 7.Kleinplanetentagung in Folge wiedersehen.
Herzlichen Dank - und auf Wiedersehen in Essen!
Gerhard Lehmann und sein Sternwarte-Team haben uns in ihrer so
schönen erzgebirgischen Heimat einen sehr schönen und
lehrreichen Aufenthalt geboten. Möglich wurde dies auch dank
etlicher Helfer und Helferinnen im Hintergrund, die viel
Vorbereitungsarbeit leisteten und uns an der Tagung mit liebevoll
zubereiteten Snacks sowie mit Kaffee und reichlich Kuchen
verwöhnten.
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